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Betriebliches Eingliederungsmanagement - die Initiativlast liegt beim Arbeitgeber

LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15. September 2013 - 3 Sa 133/13 -

Auch bei Ablehnung eines Wiedereingliederungsgesprächs vor der Kündigung bleibt die Initiativlast für die Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) beim Arbeitgeber.


Sachverhalt:

Die langjährig als Altenpflegerin beschäftigte Arbeitnehmerin war 2010 insgesamt 51 Arbeitstage krank, 2011 insgesamt 100 Arbeitstage und bis Mitte 2012 insgesamt 84 Arbeitstage. Die Fehlzeiten verteilten sich in diesen Jahren jeweils auf mehrere Zeiträume. Ende Juli 2012 befand sich die Arbeitnehmerin nach einer Reha-Maßnahme im Urlaub. Der Arbeitgeber forderte sie auf, zur Prognose der künftigen krankheitsbedingten Fehlzeiten ärztliche Atteste vorzulegen.

Dies lehnte die Arbeitnehmerin ab. Darüber hinaus kündigte siean, für den Fall, dass der Arbeitgeber das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) einleiten wolle, ein Gespräch abzulehnen. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber im September 2012 ordentlich aus krankheitsbedingten Gründen, ohne ein BEM durchgeführt zu haben. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Elmshorn war erfolgreich. Die Berufung des Arbeitgeber blieb erfolglos.

Entscheidungsgründe:

Das LAG hatte trotz der häufigen Fehlzeiten in den Jahren 2010 bis 2012 Zweifel an der negativen Gesundheitsprognose, auf die der Arbeitgeber die Kündigung stützte. Eine Reha-Maßnahme Mitte 2012 war erfolgreich verlaufen und die Arbeitnehmerin war zum Zeitpunkt der Kündigung wieder arbeitsfähig. Auch wenn man von einer negativen Gesundheitsprognose ausgehe, fehle es an einer erheblichen Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers. Denn es sei nicht ausreichend dargelegt, dass ein leidensgerechter Einsatz ausgeschlossen sei. Einer solchen umfassenden Darlegung hätte es bedurft, da der Arbeitgeber vor der Kündigung kein BEM durchgeführt habe.

Von dieser Pflicht sei der Arbeitgeber auch nicht befreit gewesen. Zwar habe die ArbN im Sommer 2012 erklärt, ein BEM-Gespräch ablehnen zu wollen. Der Arbeitgeber trage aber die "Initiativlast für die Durchführung eines BEM". Er habe nichts unternommen, um ein BEM auf den Weg zu bringen. Die Aufforderung aus Juli 2012 an die Arbeitnehmerin, ärztliche Atteste zur Erstellung einer Prognose künftiger krankheitsbedingter Fehlzeiten zu übersenden, genüge erkennbar nicht.

Hinweis:

Auch wenn ein Arbeitnehmer im Vorfeld einer Kündigung seine Mitwirkung beim BEM ablehnt, muss der Arbeitgeber auf die Durchführung des BEM drängen. Dabei muss er deutlich machen, wozu das BEM dient, und dass der Arbeitnehmer sich im eigenen Interesse zur Vermeidung einer krankheitsbedingten Kündigung hieran beteiligen sollte. Unterlässt der Arbeitgeber dies, hat der Arbeitnehmer schon aus diesem Grund gute Aussichten, in einem Kündigungsschutzprozess zu obsiegen.


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