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Kündigungsfrist und Probezeit

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz - Urteil vom 06.12.2006 - 9 Sa 742/06 (Auszug)

Nach § 622 Abs. 4 BGB können von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nur, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.


Sachverhalt:

Die Parteien streiten um die Dauer der Kündigungsfrist. Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Urteil vom 21.07.2006 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum 22.03.2006 fortbestanden hat. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, das Arbeitsverhältnis sei durch die arbeitgeberseitige Kündigung vom 06.03.2006, welche innerhalb der vertraglich vereinbarten Probezeit erfolgt sei, unter Beachtung von § 622 Abs. 3 BGB zum 22.03.2006 beendet worden. Die im Arbeitsvertrag vereinbarte Kündigungsfrist während der Probezeit von drei Tagen verstoße gegen § 622 Abs. 3 BGB und sei daher unzulässig. Die vom Beklagten behauptete arbeitvertragliche Vereinbarung einer abweichenden tarifvertraglichen Kündigungsfristenregelung sei nicht erkennbar. Zwar werde in dem Formulararbeitsvertrag an diversen Stellen abstrakt etwa auf "den jeweils geltenden Tarifvertrag" und den "jeweils gültigen Tarifvertrag" Bezug genommen, ohne dass jedoch ein konkreter Hinweis enthalten sei, auf welchen Tarifvertrag eine Bezugnahme erfolgen solle.

Selbst wenn durch die Angabe der dreitägigen Kündigungsfrist in der Probezeit vom Beklagten auf einen Tarifvertrag habe Bezug genommen werden sollen, sei anzumerken, dass es den Anforderungen des § 622 Abs. 4 S. 2 BGB nicht genüge, falls nur einzelne ausgewählte Tarifregelungen in den Arbeitsvertrag einbezogen würden; vielmehr müsse dann die tarifliche Regelung der ordentlichen Kündigung insgesamt übernommen werden.

Der Beklagte macht geltend, es sei nicht ersichtlich, warum nicht eine kürzere als die gesetzliche Kündigungsfrist vereinbart werden dürfe, wenn diese Kündigungsfrist der tariflichen Kündigungsfrist in vollem Umfang entspreche. Außerdem sei neben der kurzen Kündigungsfrist während der Probezeit keine andere tarifliche Regelung erkennbar, die zugunsten des Arbeitnehmers wirke, aber dennoch nicht übernommen worden sei. Zudem spreche der Arbeitsvertrag ausdrückliche von der kurzen Kündigungsfrist für Kündigungen beider Parteien. Mithin sei durch die inhaltliche Übernahme der tariflichen Kündigungsfrist die mit einem Tarifvertrag beabsichtigte Ausgewogenheit im vorliegenden Fall nicht gestört. Die Vereinbarung der Anwendbarkeit der fraglichen tariflichen Regel reiche aus, ohne dass es der Erwähnung des Tarifvertrages selbst bedürfe. Abgesehen hiervon sei im Arbeitsvertrag davon die Rede, dass sich die Arbeitszeit nach dem jeweils geltenden Tarifvertrag richte.

Der Kläger führt aus, abweichende tarifvertragliche Bestimmungen im Sinne von § 622 Abs. 4 S. 2 BGB kämen vorliegend nur dann zur Anwendung, wenn sie zwischen den Parteien vereinbart worden wären. Hieran fehle es eindeutig. Es sei dem Kläger auch kein Tarifvertrag des privaten Transportgewerbes bekannt, in dem sich etwa eine derart kurze Kündigungsfrist für Kündigungen während der Probezeit finden lassen würde. Schließlich hätten die Tarifverträge, welche Anwendung finden sollten, im Arbeitsvertrag konkret bezeichnet werden müssen und es hätte des Weiteren nicht nur ein Teilbereich eines Tarifvertrages vereinbart werden dürfen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist nicht begründet:

Das Arbeitsgericht Mainz hat zu Recht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum 22.03.2006 fortbestanden hat, da die dem Kläger am 08.03.2006 zugegangene Kündigung unter Beachtung von § 622 Abs. 3 BGB das Beschäftigungsverhältnis zum 22.03.2006 beendete. So weit der Beklagte mit seiner Berufung geltend macht, an statt der zweiwöchigen Kündigungsfrist aus § 622 Abs. 3 BGB sei eine dreitägige Kündigungsfrist einschlägig, ist dieser Einwand ungerechtfertigt. Eine noch kürzere Kündigungsfrist als die in § 622 Abs. 3 BGB vorgesehene kann sich im vorliegenden Fall ausschließlich aus § 622 Abs. 4 BGB ergeben, dessen Voraussetzungen aber nicht erfüllt sind.

Nach § 622 Abs. 4 BGB können von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

Im vorliegenden Fall ist nicht feststellbar, dass die Arbeitsvertragsparteien die Geltung einer tariflichen Kündigungsfristenregelung vereinbart hätten. Unter § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 02.02.2006 (Bl. 4 d.A.) heißt es: "Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits gekündigt werden mit einer Frist von drei Tagen". Dieser Vereinbarung ist die Anwendbarkeit eines Tarifvertrages nicht zu entnehmen, zumal hierin eine Tarifregelung nicht erwähnt ist.

Soweit der Beklagte geltend macht, die dreitägige Kündigungsfrist stimme aber mit dem Inhalt einer tariflichen Kündigungsregelung überein, folgt hieraus nicht die Vereinbarung einer tariflichen Kündigungsfristenregelung. Zum einen reicht eine - aus Sicht des Arbeitnehmers als Erklärungsempfänger - mehr oder weniger zufällige Übereinstimmung mit einer Tarifregelung nicht aus, um gegenüber dem Vertragspartner deutlich zu machen., dass die Anwendbarkeit eines Tarifvertrages gewollt ist. Zum anderen ist nicht ersichtlich, mit welcher konkreten Tarifregelung die dreitägige Kündigungsfrist übereinstimmen soll. Auch während der mündlichen Berufungsverhandlung konnte der Beklagtenvertreter eine Tarifregelung mit einer dreitägigen Kündigungsfrist während der Probzeit nicht konkret bezeichnen.


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