Kündigung bei nicht rechtzeitiger Massenentlassungsanzeige
BAG, Urt. v. 23. 03. 2006 - 2 AZR 343/05 -
Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts ist dem EuGH grundsätzlich gefolgt. Er hat im Entscheidungsfall die Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG richtlinienkonform ausgelegt. Danach muss nunmehr die Anzeige bei der Agentur für Arbeit rechtzeitig vor dem Ausspruch der Kündigungen erfolgen. Ob eine nicht rechtzeitige Anzeige zur Unwirksamkeit der Kündigung führt oder auch weiterhin nur die Entlassung nicht vollzogen werden kann, hat der Senat dahinstehen lassen. Eine Unwirksamkeit der Kündigung kann hier schon deshalb nicht angenommen werden, weil dem kündigenden Arbeitgeber Vertrauensschutz zu gewähren ist. Arbeitgeber durften zumindest bis zum Bekanntwerden der zitierten Entscheidung des EuGH auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und die durchgängige Verwaltungspraxis der Agenturen für Arbeit vertrauen, die eine Anzeige vor der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausreichen ließen. Einem kündigenden Arbeitgeber können nicht rückwirkend Handlungspflichten auferlegt werden, mit denen er nicht zu rechnen brauchte und die er nachträglich nicht mehr erfüllen kann.
Der Kläger war seit 1994 bei der Schuldnerin, die 23 Arbeitnehmer beschäftigte, als Arbeiter tätig. Einen Betriebsrat gab es im Betrieb nicht. Die Schuldnerin kündigte mit Schreiben vom 30. Juli 2004 das Arbeitsverhältnis - ebenso wie die Arbeitsverhältnisse aller anderen Arbeitnehmer - ordentlich. Nachdem über das Vermögen der Schuldnerin am 1. August 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt worden war, kündigte dieser alle Arbeitsverhältnisse erneut mit Schreiben vom 2. August 2004. Die Schuldnerin bzw. der Beklagte zeigten die zu unterschiedlichen Zeitpunkten vorgesehenen Entlassungen der Agentur für Arbeit am 2. August bzw. 26. August 2004 an. Diese erteilte am 9. August bzw. 10. September 2004 entsprechende Bescheide.
Der Kläger hat die Kündigung ua. wegen Verstoßes gegen §§ 17, 18 KSchG für unwirksam gehalten. Er hat die Auffassung vertreten, die Schuldnerin bzw. der Beklagte hätten die Massenentlassung bei der Arbeitsverwaltung vor dem Ausspruch der Kündigung anzeigen müssen.
Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Das BAG hat die Revision des Klägers zurückgewiesen.
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