(betriebsbedingte) Kündigung - was tun? - Ratgeber Arbeitsrecht

Betriebsbedingte Kündigung Darlegungslast - eine große Hürde für den Arbeitgeber

Die Unterscheidung zwischen außer- und innerbetrieblichen Gründen ist im Kündigungsschutzprozess von erheblicher Bedeutung. Der Arbeitgeber muss nämlich im Kündigungsschutzprozess genau darlegen und beweisen, auf welche Gründe er sich bezieht.

Austausch der Kündigungsgründe unzulässig

Der Arbeitgeber ist an die Begründung der Kündigung, wie sie sich z.B. dem Kündigungsschreiben oder der Stellungnahme an den Betriebsrat entnehmen lässt, gebunden. Die Kündigungsgründe können später nicht einfach ausgetauscht werden.

Beruft der Arbeitgeber sich auf außerbetriebliche Faktoren, so ist er unter dem Aspekt der "Selbstbindung" gehalten, Arbeitsplätze genau nur in dem Umfang abzubauen, wie dies durch die geltend gemachten äußeren Umstände (z.B. Auftragsmangel) gerechtfertigt ist. Fehlt es an einer solchen Darlegung oder ist die Kalkulation des Arbeitgebers nach Auffassung des Arbeitsgerichts unzutreffend, ist die Kündigung trotz "an sich" anerkennenswerter und unternehmerischer Motive unwirksam!

An die Darlegungslast des Arbeitgebers stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen

Es reicht nicht, dass der Arbeitgeber vorträgt, wegen eines Umsatzrückganges in bestimmter Höhe sei als Rationalisierungsmaßnahme eine Verringerung des Personalbestandes erforderlich. Vielmehr muss der Arbeitgeber im einzelnen darlegen, ob sich unmittelbar durch den Umsatzrückgang oder durch eine Rationalisierungsmaßnahme der Arbeitsanfall und der Bedarf an Arbeitskräften verringert haben. Schließlich muss er nachvollziehbar darstellen, wie sich dies unmittelbar oder mittelbar auf den Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt.

In der arbeitsrechtlichen Praxis scheitern viele betriebsbedingte Kündigungen daran, dass der Arbeitgeber den Anforderungen, die die Rechtsprechung an die Darlegungslast stellt, nicht genügt. Viele Kündigungsschutzprozesse können schon allein deshalb gewonnen werden, weil der Arbeitgeber die Kündigung mit "Umsatzrückgang" oder "Auftragsmangel" begründet, es sich dabei jedoch nur um eine pauschale Behauptung handelt, die sich überhaupt nicht mit Tatsachen unterlegen lässt.

Vorübergehender Auftragsmangel ("Delle") rechtfertigt keine betriebsbedingte Kündigung

Auftragsmangel bzw. Umsatzrückgang muss dauerhaft sein

Im übrigen muss der Arbeitgeber bei dieser Begründung auch detailliert nachweisen, dass es solchen "Umsatzrückgang" oder "Auftragsmangel" nicht auch bereits in früheren Jahren gegeben hat und dass es sich hierbei um einen nicht nur vorübergehenden Einbruch handelt. Möglicherweise wurden vergleichbare Einbrüche bereits in der Vergangenheit mit gleicher Arbeitnehmerzahl gemeistert. Dann ließe sich eine betriebsbedingte Kündigung nicht mit "Umsatzrückgang" oder "Auftragsmangel" begründen. Dabei muss der Arbeitgeber die Richtigkeit der Zahlen in der monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertung ("BWA") beweisen, erforderlichenfalls sogar durch Sachverständigengutachten.

Hierzu muss der Arbeitgeber ganz genaue Angaben machen

Es genügt nicht, wenn der Arbeitgeber einfach nur behauptet, zukünftig sei auf Dauer mit einem reduzierten Arbeitsvolumen und Beschäftigungsbedarf zu rechnen. Vielmehr muss er hierzu konkrete Tatsachen vortragen, worauf er seine Prognose stützt. Es muss ausgeschlossen sein, dass möglicherweise nur kurzfristige Produktions- oder Auftragsschwankungen vorliegen. Dem muss der Inhalt und die Substanz des Sachvortrags des Arbeitgebers Rechnung tragen. Er hat den dauerhaften Rückgang des Arbeitsvolumens nachvollziehbar darzustellen, indem er die einschlägigen Daten aus repräsentativen Referenzperioden miteinander vergleicht.

Häufig reicht der Sachvortrag des Arbeitgebers nicht aus - die Materie ist zu komplex

Für den Arbeitgeber ist es oftmals gar nicht einfach, überhaupt darzulegen, wie sich Auftragsmangel oder Umsatzrückgang auf den Arbeitskräftebedarf auswirken. Verhält sich der Umfang der Tätigkeit einer Gruppe von Arbeitnehmern proportional zum Absatz der gefertigten Erzeugnisse, genügt der Arbeitgeber seiner Darlegungslast, wenn er die Richtigkeit des Berechnungsmodus so darlegt, dass aus der Verringerung der Arbeitmenge auf die Veränderung der Beschäftigungsmöglichkeit geschlossen werden kann. Bei komplexen Unternehmen, die vielfältige Produkte herstellen, sind die Kalkulationsmethoden erfahrungsgemäß so kompliziert, dass es dem Arbeitgeber nur unter enormen Schwierigkeiten, wenn überhaupt, gelingt, den Plan und die Durchführung zur Änderung der betrieblichen Organisation mit den Auswirkungen an sämtlichen Arbeitsplätzen im einzelnen darzulegen. Gerade weil diese Schwierigkeiten bestehen und es für den Arbeitgeber ein hohes Risiko darstellt, den Kündigungsschutzprozess zu verlieren, besteht seitens des Arbeitgebers oftmals die Bereitschaft, dem gekündigten Arbeitnehmer eine Abfindung zu zahlen und den Kündigungsschutzprozess auf diese Weise zu beenden.

Bei einer Kündigung aus innerbetrieblichen Gründen muss der Arbeitgeber darlegen, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen er angeordnet hat und wie sich die von ihm behaupteten Umstände unmittelbar oder mittelbar auf die Beschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer auswirken. Sein Vortrag muss erkennen lassen, ob durch eine innerbetriebliche Maßnahme das Bedürfnis an der Tätigkeit des gekündigten Arbeitnehmers wegfällt.

Bitte beachten Sie:
Um eine Abfindung zu erstreiten, muss für den Arbeitnehmer keinewegs eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit bestehen, dass er den Kündigungsschutzprozess gewinnt...



Zuletzt aktualisiert August 2023

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