Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Ausfall infolge
Krankheit
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EuGH, Urt. v. 20. 1. 2008 C-350/06; C-520/06
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Ein Arbeitnehmer verliert nicht seinen Anspruch auf
bezahlten Jahresurlaub, den er wegen Krankheit nicht
ausüben konnte. Der nicht genommene Jahresurlaub
ist abzugelten. So legt der EuGH den in der Gemeinschaftsrichtlinie
über die Arbeitszeit (2003/88/EG v. 4. 11. 2003)
verankerten Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub aus.
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Um diese Auslegung haben das LAG Düsseldorf und das
House of Lords (Vereinigtes Königreich) in Rechtssachen
ersucht, in denen es um den Anspruch von Arbeitnehmern, die
krankgeschrieben sind bzw. sich im Krankheitsurlaub befinden,
auf bezahlten Jahresurlaub geht. Das LAG hat über die
Urlaubsabgeltung bei einem Arbeitnehmer zu entscheiden, der
seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub wegen einer Arbeitsunfähigkeit,
die zu seiner Verrentung geführt hat, nicht ausüben
konnte. Nach den einschlägigen deutschen Rechtsvorschriften
erlischt der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub
am Ende des betreffenden Kalenderjahrs und spätestens
am Ende eines Übertragungszeitraums, der vorbehaltlich
einer tarifvertraglich vorgesehenen Abweichung zu Gunsten
des Arbeitnehmers drei Monate beträgt. War der
Arbeitnehmer bis zum Ende dieses Übertragungszeitraums
arbeitsunfähig, muss der nicht genommene bezahlte Jahresurlaub
am Ende des Arbeitsverhältnisses nicht finanziell abgegolten
werden. Neben einem entsprechendem Antrag auf Abgeltung von
Jahresurlaub, der während des im britischen Recht festgelegten
Bezugszeitraums nicht genommen wurde, hat das House of Lords
den Fall einer Arbeitnehmerin zu prüfen, die ihren Arbeitgeber
während eines unbefristeten Krankheitsurlaubs um mehrere
Tage bezahlten Jahresurlaub in den nächsten beiden Monaten
ersucht hat.
In seinem Urteil verweist der EuGH darauf, dass der Anspruch
auf Krankheitsurlaub und die Modalitäten für seine
Ausübung vom Gemeinschaftsrecht nicht geregelt werden.
Was den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub anbelangt, legen
die Mitgliedstaaten die Voraussetzungen für die Ausübung
und die Umsetzung dieses Anspruchs fest und bezeichnen dabei
die konkreten Umstände, unter denen die Arbeitnehmer
von dem Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub Gebrauch machen
können, ohne dabei aber bereits die Entstehung dieses
Anspruchs von irgendeiner Voraussetzung abhängig zu machen.
Unter diesen Umständen steht der in der Richtlinie über
die Arbeitszeit verankerte Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub
grundsätzlich weder der Gewährung bezahlten Jahresurlaubs
in der Zeit eines Krankheitsurlaubs entgegen noch dessen Versagung,
sofern der betroffene Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch
während eines anderen Zeitraums ausüben kann. Die
Anwendungsmodalitäten des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub
werden zwar durch die verschiedenen Mitgliedstaaten geregelt,
doch unterliegen die Modalitäten für die Übertragung
nicht genommenen Jahresurlaubs bestimmten Grenzen.
Dazu führt der EuGH aus, dass der Anspruch auf bezahlten
Jahresurlaub bei einem ordnungsgemäß krankgeschriebenen
Arbeitnehmer nicht von der Voraussetzung abhängig gemacht
werden kann, dass er während des in einem Mitgliedstaat
festgelegten Bezugszeitraums tatsächlich gearbeitet hat.
Folglich kann ein Mitgliedstaat den Verlust des Anspruchs
auf bezahlten Jahresurlaub am Ende eines Bezugszeitraums oder
eines Übertragungszeitraums nur unter der Voraussetzung
vorsehen, dass der betroffene Arbeitnehmer tatsächlich
die Möglichkeit hatte, seinen Urlaubsanspruch auszuüben.
Der EuGH stellt jedoch fest, dass einem Arbeitnehmer, der
während des gesamten Bezugszeitraums und über einen
im nationalen Recht festgelegten Übertragungszeitraum
hinaus krankgeschrieben ist, jede Möglichkeit genommen
ist, in den Genuss seines bezahlten Jahresurlaubs zu kommen.
Das gilt auch für einen Arbeitnehmer, der während
eines Teils des Bezugszeitraums gearbeitet hat, bevor er krankgeschrieben
wurde. Der EuGH kommt zu dem Ergebnis, dass der Anspruch auf
bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Bezugszeitraums und/oder
eines im nationalen Recht festgelegten Übertragungszeitraums
nicht erlöschen darf, wenn der Arbeitnehmer während
des gesamten Bezugszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben
war und seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende seines
Arbeitsverhältnisses fortgedauert hat, weshalb er seinen
Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte.
In Bezug auf den Anspruch auf eine bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses
zu zahlende finanzielle Vergütung für bezahlten
Jahresurlaub, den der Arbeitnehmer nicht nehmen konnte, erkennt
der EuGH für Recht, dass diese Vergütung in der
Weise zu berechnen ist, dass der Arbeitnehmer so gestellt
wird, als hätte er diesen Anspruch während der Dauer
seines Arbeitsverhältnisses ausgeübt. Folglich ist
das gewöhnliche Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers, das
während der dem bezahlten Jahresurlaub entsprechenden
Ruhezeit weiterzuzahlen ist, auch für die Berechnung
der finanziellen Vergütung für bei Beendigung des
Vertragsverhältnisses nicht genommenen Jahresurlaub maßgebend.
Pressemitteilung des EuGH Nr. 4 v. 20. 1. 2009
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