Wegfall der Sozialsicherungsfreiheit eines Arbeitnehmers kein personenbedingter Kündigungsgrund

Kündigung - was tun? - Ratgeber Arbeitsrecht

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Januar 2007 - 2 AZR 731/05 -


Nach § 1 II KSchG ist die Kündigung eines Arbeitnehmers u. a. sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe in der Person des Arbeitnehmers bedingt ist. Der Arbeitgeber soll das Arbeitsverhältnis auflösen können, wenn der Arbeitnehmer die erforderliche Eignung und Fähigkeiten nicht (mehr) besitzt, um zukünftig die geschuldete Arbeitsleistung ganz oder teilweise zu erbringen. Der Zweite Senat des BAG hat nunmehr diese Voraussetzungen für den Fall verneint, dass ein für eine Tätigkeit im Gepäckdienst eingestellter (Werk-)Student auf Grund seiner überlangen Studiendauer nach den sozialversicherungsrechtlichen Regelungen nicht mehr als Student sozialversicherungsfrei ist. Dieser Umstand stellt für die geschuldete Arbeitsleistung kein notwendiges Eignungsmerkmal dar.


Der Kläger war bei der Beklagten, die einen Großflughafen betreibt, seit 1990 als teilzeitbeschäftigte „studentische Aushilfe“ im Bereich Bodendienste tätig. In seinem Arbeitsvertrag war u. a. vereinbart, das Arbeitsverhältnis sei unter Beachtung der Sozialversicherungsfreiheit an den Nachweis eines ordentlichen Studiums gebunden und ende ohne Kündigung in dem Monat, in dem der Kläger exmatrikuliert werde. Im Jahr 2002 verständigten sich die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger darauf, nur bei einer Studienzeit von bis zu 25 Fachsemestern sei von der widerlegbaren Vermutung auszugehen, das Studium stehe im Vordergrund und deshalb komme noch eine Versicherungsfreiheit in Betracht. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) forderte daher von der Beklagten für den Kläger Sozialversicherungsbeiträge seit dem 1. 1. 1998, weil der Kläger diese Studiendauer überschritten habe. Daraufhin berief sich die Beklagte auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses kraft der vereinbarten auflösenden Bedingung und kündigte vorsorglich zum 31. März 2004.

Der Kläger hat – soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung – die Unwirksamkeit der Kündigung geltend gemacht. Die Sozialversicherungsfreiheit sei keine persönliche Eigenschaft des Arbeitnehmers. Die Beklagte ist demgegenüber der Auffassung, die Parteien hätten die persönliche Eigenschaft des Klägers als sozialversicherungsfreier ordentlicher Studierender zur Grundlage ihres Arbeitsvertrags gemacht. Falle diese Bedingung weg, müsse das Arbeitsverhältnis jedenfalls aus diesem Grund kündbar sein.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten blieb vor dem BAG erfolglos.

Pressemitteilung des BAG Nr. 1/2007 v. 18.01.2006


Kündigung - was tun?
Ihr Arbeitgeber hat Ihnen gekündigt? Oder befürchten Sie, in Kürze eine Kündigung zu erhalten?

Hier finden Sie den

Ratgeber zum Kündigungsschutz

und Antworten auf alle Fragen, die sich Ihnen im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellen werden:

  • Kündigungsschutz - was Sie unbedingt wissen sollten!
  • Abfindung - haben Sie einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung? Was müssen Sie unternehmen, um eine - möglichst hohe - Abfindung zu erhalten? Wie hoch sollte die Abfindung sein?
  • Betriebsbedingte Kündigung - wie Sie sich gegen eine betriebsbedingte Kündigung zur Wehr zu setzen und ihren Arbeitsplatz erhalten oder eine Abfindung erstreiten.
  • Viele weitere Themen rund um den Kündigungsschutz ... weiter


Aktuelle Entscheidungen       zurück
Inhaltsübersicht  
©  

Dr. Reinhard Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Scharnhorstplatz 8
37154 Northeim



Kündigungsschutz
(Startseite)

Kündigungsschutz (Startseite) | Inhaltsübersicht | Aktuelle Entscheidungen (Übersicht) | Aktuelle Entscheidungen

Stand: 27.05.2014