Keine verkürzte Kündigungsfrist nach § 113
Satz 2 InsO bei einer Kündigung durch den "starken"
vorläufigen Insolvenzverwalter
Nach § 113 Satz 2 InsO kann das Arbeitsverhältnis
eines Arbeitnehmers vom Insolvenzverwalter mit einer Kündigungsfrist
von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden, wenn
nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Der Zweite
Senat des Bundesarbeitsgerichts hat nunmehr entschieden, dass
diese verkürzte Kündigungsfrist nur der Insolvenzverwalter
nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens für sich
in Anspruch nehmen kann. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut
der Regelung und der Systematik der Insolvenzordnung. Eine
analoge Anwendung der Norm auf den vorläufigen Insolvenzverwalter
mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ("starker
vorläufiger Insolvenzverwalter") ist nicht möglich,
weil die Insolvenzordnung insoweit keine planwidrige Lücke
erkennen lässt. Der "starke" vorläufige
Insolvenzverwalter und der - endgültige - Insolvenzverwalter
haben unterschiedliche Funktionen und sind vom Gesetzgeber
nicht völlig gleichgestellt worden.
Die Klägerin war seit 1980 bei der Schuldnerin und deren
Rechtsvorgängerin als Sachbearbeiterin beschäftigt.
Am 28. Mai 2002 wurde der Beklagte zum "starken"
vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen
der Schuldnerin bestellt. Anfang Juli 2002 entschied der Beklagte,
den Geschäftsbereich der Klägerin stillzulegen.
Mit Schreiben vom 23. Juli 2002 kündigte er das Arbeitsverhältnis
der Klägerin mit abgekürzter Kündigungsfrist.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kündigte
der nunmehr zum Insolvenzverwalter bestellte Beklagte das
Arbeitsverhältnis erneut zum 31. Dezember 2002.
Mit ihrer Klage hat sich die Klägerin gegen die erste
Kündigung gewandt und die Auffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis
sei frühestens auf Grund der zweiten (Nach-)Kündigung
des Beklagten zum 31. Dezember 2002 beendet worden. Der Beklagte
habe jedenfalls die erste Kündigung nicht mit der verkürzten
Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 InsO aussprechen
dürfen, sondern die gesetzliche Kündigungsfrist
einhalten müssen. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten,
als "starker" vorläufiger Insolvenzverwalter
habe er die verkürzte Kündigungsfrist - zumindest
analog - anwenden können.
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben der
Klage stattgegeben. Die Revision des Beklagten blieb vor dem
Bundesarbeitsgericht erfolglos.
Bundesarbeitsgericht vom 20. Januar 2005 - 2 AZR 134/04 -
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