BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 21.6.2005, 9 AZR 295/04
Urlaubsentgelt/Urlaubsgeld - Insolvenz - Masseverbindlichkeit
Die Erfüllung von Urlaubsansprüchen durch den Arbeitgeber
bedarf der unwiderruflichen Befreiung des Arbeitnehmers von
der Arbeitspflicht. Wenn, wie im Streitfalle, der Arbeitgeber
die zeitliche Lage des Urlaubs und die Zahl der Urlaubstage
nicht festlegt, sondern den Arbeitnehmer lediglich unter
Anrechnung auf den Resturlaub vorbehaltlos freistellt,
kann der Arbeitnehmer daraus regelmäßig entnehmen,
dass der Arbeitgeber es ihm überlässt, die zeitliche
Lage seines Urlaubs innerhalb des vorbehaltlos gewährten
Freistellungszeitraumes festzulegen (BAG 9. November 1999
- 9 AZR 922/98 -). Dies gilt vor allem dann, wenn der Insolvenzverwalter
den Arbeitnehmer ausdrücklich bis zur Beendigung des
Arbeitsverhältnisses freistellt. Damit ist für diesen
ohne weiteres erkennbar, dass er während der Dauer seines
Arbeitsverhältnisses nicht mehr damit rechnen muss, zur
Arbeitsleistung herangezogen zu werden.
Wie sich aus dem Vorbringen der Parteien und der Klage auf
Zahlung von Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld ergibt, haben beide
Parteien die Freistellungserklärung des Beklagten im
Schreiben vom 2. Mai 2002 auch in diesem Sinne verstanden.
Nach zeitlichem Ablauf der auch vom Kläger akzeptierten
Freistellung unter Anrechnung auf Urlaub ist die
Erfüllungswirkung eingetreten und der Urlaubsanspruch
des Klägers somit nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen
(BAG 15. Juni 2004 - 9 AZR 431/03 - AP InsO § 209 Nr.
4 = EzA InsO § 209 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung
in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; so schon Senat 9. Juni
1998 - 9 AZR 43/97 - BAGE 89, 91). Daran ändert auch
nichts, dass der Beklagte ausdrücklich erklärt hatte,
der Kläger werde ohne Fortzahlung der Bezüge
von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
ist der Urlaubsanspruch ein Anspruch, von den vertraglichen
Arbeitspflichten befreit zu werden, ohne dass die Pflicht
zur Zahlung des Entgelts berührt wird (BAG 8. März
1984 - 6 AZR 600/82 - BAGE 45, 184, 187; Senat 9. Juni 1998
- 9 AZR 43/97 - BAGE 89, 91, 92) . Die Entgeltfortzahlung
während des Erholungsurlaubs ist weder Inhalt der Pflicht
zur Urlaubserteilung noch Wirksamkeitsvoraussetzung für
die Erfüllung des urlaubsrechtlichen Freistellungsanspruchs
(BAG 18. Dezember 1986 - 8 AZR 481/84 - BAGE 54, 59; Senat
20. Februar 2001 - 9 AZR 661/99 - BAGE 97, 71, 75) . Die Erklärung
des Beklagten, er werde dem Kläger keine Vergütung
während seiner Freistellung zahlen, bewirkt lediglich,
dass nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB bereits mit Fälligkeit
des Anspruchs auf Urlaubsvergütung der Schuldnerverzug
eintritt, ohne dass es einer Mahnung bedarf. Dies gilt insbesondere
für die Fälle, in denen nach § 11 Abs. 2 BUrlG
oder nach entsprechenden tariflichen Bestimmungen das Urlaubsentgelt
bereits vor Urlaubsantritt ausgezahlt werden muss (BAG 1.
Dezember 1983 - 6 AZR 299/80 - BAGE 44, 278; 18. Dezember
1986 - 8 AZR 481/84 - BAGE 54, 59). Gleiches muss auch dann
gelten, wenn - wie im Streitfalle - nach § 17 Nr. 7 des
auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden MTV das Urlaubsentgelt
nur auf Wunsch des Arbeitnehmers vor Beginn des Urlaubs auszuzahlen
ist und es der MTV ansonsten in Abweichung von § 11 Abs.
2 BUrlG zulässigerweise (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG)
bei der Fälligkeitsregelung des § 614 BGB belässt.
Ein Arbeitnehmer, der - wie der Kläger - von seiner
Arbeitspflicht freigestellt wird und daraufhin nicht mehr
arbeitet, erbringt keine Gegenleistung aus seinem Arbeitsverhältnis.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass er für
die Zeiten seiner Nichtbeschäftigung den Anspruch auf
seine Arbeitsvergütung behält. Soweit sich diese
Freistellung als Gewährung von Erholungsurlaub darstellt,
ist sie Erfüllung des Anspruchs des Klägers gegenüber
dem Arbeitgeber, ihn von seinen vertraglichen Arbeitspflichten
zu befreien, ohne dass die Pflicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts
berührt wird. Mit dieser vom Kläger akzeptierten
Freistellung unter Anrechnung auf den Resturlaub hat der Beklagte
diesen (Urlaubs-)Freistellungsanspruch des Klägers erfüllt,
§ 362 BGB. Das Erlöschen des Urlaubsanspruchs stellt
keine Gegenleistung des Klägers dar, welche
der Beklagte iSd. § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO in Anspruch
genommen hat (BAG 15. Juni 2004 - 9 AZR 431/03 - AP
InsO § 209 Nr. 4 = EzA InsO § 209 Nr. 3, auch zur
Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
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